Saphir
Ein Bild aus einer ganzen Reihe mit Genre-Portraits aus einer Serie mit dem Titel „Menschenbilder“. In dieser Serie hat Martin Eller verschiedene Portraitfotografien und -zeichnungen zu allgemeingültigen, typischen Portraits zusammengeführt, die zwar „echte“ Personen zu zeigen scheinen, aber als sinnbildliche Metaphern für den modernen Menschen zu betrachten sind. Durch zeicherische Vorarbeiten wurden die Portrais verfremdet und der jeweiligen Bildaussage angepasst. Beim vorliegenden blickt uns wie in „Blick“ eine junge Frau wie aus einem Reklamefoto für Kosmetika an, also wieder eine Szene, die den vorherrschenden modernen, durch Modekonsum geprägten Lebensstil illustriert. Hier ist der Blick aber selbstsicher, anders als im Pendant; die junge Frau ist überzeugt, daß Ihr übertriebenes Make-up und die gefärbten Haare sie schön und betrachtenswert machen. Denkt man sich die modischen Zutaten weg, die vom Modell wie eine Schutzmaske getragen werden, bleibt ein durchschnittlicher Mensch übrig. Ob sie uns dann noch so selbstbewusst direkt ansehen könnte? Ohne die adhäsiv aufgetragenen Schichten, die ihr Äußeres den heute geltenden Erwartungen anpassen, wäre sie „nur sie selbst“ und vielleicht dadurch schon unsicher. – Das Thema des Werkes ist eine Kritik am Konsum, der fortwährend Anpassungsleistungen erfordert, um in sozialen Milieus die Rollen spielen zu können, welche die Konsumwerbung zuvor definierte.
Auch in diesem Bild sind die hervorragende koloristischen Eigenschaften der Tempera-Malerei wirksam eingesetzt, um eine einheitliche, modern-überbelichtete fotografische Szenerie zu gestalten, wie sie in der Produktwerbung verwendet wird. Sogar die Studioleuchten haben sich in den Glanzlichtern der saphirblauen Augen manifestiert und unterstreichen dadurch die Künstlichkeit der Szene. Der Titel „Saphir“ stellt gerade auf dieses Merkmal des Modells ab, die Farbe der Iris, das einzige vollkommen natürliche in diesem Portrait.
SAPHIR von Martin Eller, WVZ 1898, Tempera und Öl auf Leinwand 100 x 90 cm