Ono
(Die Landschaftsfotografin)
Dieses Bild gehört in eine Reihe mit Fotografinnen, die in den verschiedensten Situationen wiedergegeben sind. Die mediterrane Stimmung der Landschaft, ein häufiges Motiv in den früheren großen Landschaftsserien des Künstlers, ist hier mit der Figur einer jungen Fotografin kombiniert, also eine Zusammenführung früherer und neuerer Motive. Die Figuren in den Bilden von Martin Eller, die sich mit den Themen Jugend & Kultur befassen, sind als höchstmöglicher Gegensatz zum sein des zwei Generationen älteren Malers gedacht; die Beweggründe junger Leute sind nach seiner Auffassung für Ältere nur mutmaßlich zu begreifen. Möglicherweise lassen die Jungen sich bei der Wahl ihrer Interessen heute von modernen technischen Möglichkeiten mehr leiten, als es noch vor zwei Generationen der Fall war, als solche Mittel entweder noch nicht zur Verfügung standen oder unerreichbar teuer waren. Entsprechend sind die Fotografinnen in den Bildern von Martin Eller häufig mit umfangreicher Kameratechnik oder modernen Mobiltelephonen ausgestattet. Darin klingt auch eine Kritik an die Vorgehensweise an: „das Interesse an Landschaften oder Kulturgütern ist an die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Bilder-Reproduktion gekoppelt“ – und häufig nicht an eine wirklich tiefergehende Betrachtung solcher Gegenstände selbst. Es geht nicht um Verstehen, sondern allein um Sehen (und dabei gesehen werden). Ein Teil dessen lässt sich mit jugendlicher Unbekümmertheit erklären: sie tun nur, was andere (Erwachsene) ihnen vorgemacht haben; ein anderer Teil aber ist auf heute erforderlich erscheinende Selbstdarstellungseffekte beim Posten ihrer Fotos in den sozialen Netzwerken zurückzuführen, die dem Künstler fragwürdig sind. Die Figur blickt den Betrachter folglich fragend-überrascht an, denn ihr muss solche Kritik völlig unverständlich erscheinen.
Die matte Behandlung des Hintergrundes der Landschaft und der zarte Himmel in Tempera-Farben werden durch die gleichartig ausgearbeitet Figur (in Öl-Tempera) nicht überstrahlt; beide Elemente sind gleichwertig dargestellt und damit harmonisch ineinander verschmolzen. Der Tite „Ono“ ist von der Typbezeichnung auf dem Kameragurt abgenommen, offenbar als kritischer Hinweis auf die konsumorientierte Gegenwartskultur, die nur noch mit technisch anspruchsvoller Apparatur „durchführbar“ scheint.
ONO von Martin Eller, WVZ 1889 aus 2011, Öl über Tempera auf Leinwand 90 x 120 cm